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24.01.2018

Chinesen geben Rekordsumme für deutsche Unternehmen aus

Autokonzerne auf der Überholspur

© Tim/Fotolia.com

Chinesische Investoren haben 2017 erneut eine Rekordsumme in deutsche Unternehmen investiert: Das M&A-Volumen erreichte mit knapp 13,7 Milliarden US-Dollar bzw. 12,2 Milliarden Euro ein neues Rekordniveau – im Vorjahr hatten chinesische Unternehmen insgesamt 12,6 Milliarden US-Dollar investiert. Die Zahl der Übernahmen deutscher Unternehmen durch chinesische Investoren ging dagegen im vergangenen Jahr zurück: um 21 Prozent auf 54 Transaktionen.

Europaweit sanken hingegen sowohl die Zahl der Übernahmen – um 20 Prozent auf 247 – als auch der Gesamtwert der Transaktionen: Nachdem chinesische Unternehmen 2016 insgesamt noch 85,8 Milliarden US-Dollar investiert hatten, gaben sie 2017 nur noch 57,6 Milliarden Euro aus – ein Rückgang um ein Drittel.

Nach wie vor zieht es chinesische Investoren vor allem nach Deutschland: Die Bundesrepublik belegt mit 54 Transaktionen den ersten Platz im Länderranking, gefolgt von Großbritannien (44) und Italien (24). So wie in Deutschland gingen auch in den meisten anderen größeren Märkten die M&A-Aktivitäten chinesischer Firmen zurück: In Großbritannien sank die Zahl der Übernahmen von 47 auf 44, in Italien von 34 auf 23, in Frankreich von 34 auf 22. Ein Anstieg der Aktivitäten wurde in Russland (von acht auf neun Transaktionen), Schweden (von zwei auf elf) und Polen (von vier auf sechs) verzeichnet.

Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, die M&A-Investitionen chinesischer Unternehmen in Deutschland und Europa untersucht.

„Die Zahl der Transaktionen chinesischer Unternehmen in Deutschland und Europa ist im vergangenen Jahr zwar spürbar gesunken, erreichte aber immerhin den zweithöchsten je gemessenen Wert“, stellt Alexander Kron, Leiter Transaction Advisory Services für Deutschland, Österreich und die Schweiz, fest. Den Rückgang führt er auf mehrere Faktoren zurück: „Die chinesischen Aufsichtsbehörden haben strengere Kontrollen für Übernahmen im Ausland eingeführt und Auflagen verabschiedet, um den Kapitalfluss ins Ausland zu kontrollieren. Und auch auf europäischer Seite wurden die regulatorischen Anforderungen erhöht – daran sind einige Deals gescheitert. Zudem schauen sich chinesische Unternehmen Übernahmekandidaten heute viel genauer an.“

Zudem stehen hinter den meisten größeren Transaktionen des vergangenen Jahres in Hongkong ansässige Finanzinvestoren, die nicht von den strengeren Kapitalkontrollen betroffen sind, die seit Ende November 2016 gelten, ergänzt Yi Sun, Leiterin der China Business Services Deutschland, Österreich und Schweiz bei EY: „Sowohl die Zahl als auch der Wert der vom chinesischen Festland ausgehenden Transaktionen sind im vergangenen Jahr also deutlich gesunken – zudem hat sich im Jahresverlauf die Tendenz verstärkt, dass europäische Verkäufer schon bei der Unterzeichnung des Kaufvertrags eine hohe Summe als Sicherheit verlangen, weil sie Probleme bei der Transferierung des Kaufpreises nach Europa befürchten.

Trotzdem sei der Übernahmeappetit auf chinesischer Seite nach wie vor hoch, betont Yi Sun: „Das Interesse gerade an deutschen Industrie- und High-Tech-Unternehmen ist ungebrochen. Wo sich interessante Gelegenheiten ergeben, stehen chinesische Investoren nach wie vor bereit. Neben den klassischen Industrieinvestitionen stehen auch Mode/Einzelhandel, Lebensmittel und Pharma zunehmend im Fokus.“

Zudem gelte weiterhin, dass für etliche deutsche Unternehmen ein chinesischer Investor einen Glücksfall darstelle, so Sun: „Viele aufstrebende Mittelständler stoßen an Wachstumsgrenzen – sie können die von ihren Kunden erwartete Expansion und die damit verbundenen Investitionen nicht aus eigener Kraft stemmen. Ein chinesischer Investor mit der entsprechenden Finanzkraft und Zugang zum chinesischen Absatzmarkt ist da häufig genau der richtige Partner.“ Die Sorgen vor einem Ausverkauf deutschen Know-hows hält sie in den meisten Fällen für unbegründet – zudem gibt sie zu bedenken, dass einige deutsche Unternehmen die Finanzspritze aus China dringend nötig haben: „Wenn an einem Bieterverfahren für ein deutsches Unternehmen nur chinesische Interessenten teilnehmen – was es durchaus schon gab –, und die Regierung stemmt sich gegen die Übernahme, dann sind letztlich deutsche Arbeitsplätze in Gefahr.“

Kron ist überzeugt, dass chinesische Unternehmen auch in diesem Jahr aktive Player auf dem deutschen Markt sein werden: „Trotz politischen Gegenwinds bleibt die industrielle Logik intakt. In den kommenden zwölf Monaten werden wir daher wiedermehr Deals im hohen dreistelligen Millionenbereich  mit chinesischer Beteiligung in Deutschland und Europa sehen.“

„Wir sehen erste Anzeichen, dass die chinesische Regierung wieder langsam die Tür öffnet, besonders wenn es sich um attraktive Zielunternehmen handelt – etwa im Rahmen des ‚One Belt, One Road‘-Projekts“, ergänzt Yi Sun. Damit ist der Aufbau eines interkontinentalen Infrastruktur-Netzes zwischen China, Europa und einigen Ländern Afrikas gemeint. „Wir werden auch immer mehr chinesische Staatsfonds sehen, die alleine oder zusammen mit den chinesischen strategischen Investoren hier in Deutschland und Europa investieren.“

Drei Transaktionen in Deutschland unter den europäischen Top Ten

Im vergangenen Jahr waren vor allem Industrieunternehmen im Fokus der chinesischen Käufer: In Europa kauften sie 79 Industriefirmen – davon 30 in Deutschland. Europaweit gingen zudem Technologieunternehmen (32) sowie Finanzunternehmen (29) häufig in chinesische Hände über.

Der europaweit größte Deal betraf allerdings ein Logistikunternehmen: der Kauf der Blackstone-Tochter und Logistikplattform Logicor durch den chinesischen Staatsfonds China Investment Corporation für etwa 13,7 Milliarden US-Dollar. An zweiter Stelle folgt der Einstieg von CEFC China Energy bei der russischen Rosneft für 9,3 Milliarden US-Dollar. Auf dem dritten Rang folgt die Übernahme des deutschen Energiedienstleisters ista durch die Cheung Kong Property Holding für 6,7 Milliarden US-Dollar. Insgesamt waren unter den zehn größten von Chinesen durchgeführten Transaktionen drei deutsche Unternehmen. Neben der ista-Transaktion waren das der etappenweise Einstieg des chinesischen Mischkonzerns HNA bei der Deutschen Bank und das Übernahmeangebot der Creat Group für die Biotest AG, das noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch die US-Behörden steht und sich auf knapp 1,3 Milliarden US-Dollar beläuft.

Im Ranking der größten Investoren in Deutschland landet China gemeinsam mit Frankreich auf dem vierten Platz – hinter den USA (155 Transaktionen), der Schweiz (87) und Großbritannien (84). China ist also nach den USA der zweitgrößte außereuropäische Investor in Deutschland.

(Pressemitteilung EY vom 24.01.2018)


Redaktion

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