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26.03.2018

Deutsche Konzerne vor Investorattacken nicht ausreichend geschützt

Autokonzerne auf der Überholspur

© cardephotography/fotolia.com

Immer mehr Unternehmen in Deutschland sind aktivistischen Investoren und möglichen Attacken von Leerverkäufern ausgesetzt. Weil der überwiegende Teil deutscher Unternehmen unzureichend darauf vorbereitet ist, haben Aktivisten zunehmend leichtes Spiel, ihren Einfluss geltend zu machen.

Das ist das Ergebnis der Studie „Investor Activism“ des Bundesverbandes der Unternehmensjuristen e.V. (BUJ) gemeinsam mit Corporate Legal Insights (CLI) und der Wirtschaftskanzlei CMS. An der repräsentativen Studie haben 102 Rechtsabteilungen von Aktiengesellschaften in Deutschland teilgenommen. „Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass sich viele Unternehmen in Deutschland stärker mit aktivistischen Investoren auseinandersetzen sollten. Es fehlt allerdings die notwendige Aufmerksamkeit, um eine Umgestaltung des Unternehmens von außen zu verhindern“, so BUJ-Präsident Götz Kaßmann.

Investor Activism bezeichnet die aktive Einflussnahme von Investoren auf börsennotierte Unternehmen. „Aufgrund der vielfältigen Rechte, die das deutsche Aktienrecht den Anteilseignern einräumt, gibt es eine Fülle von Ansatzpunkten, um partielle Interessen durchzusetzen. Deshalb sind Unternehmen gut beraten, bereits im Vorfeld möglicher Aktivitäten geeignete Vorbeugungsmaßnahmen zu diskutieren und eine Abwehrstrategie zu entwickeln“, rät Dr. Peter Hennke, Leiter der BUJ-Fachgruppe Corporate.

Aktivistische Investoren lassen sich in zwei Kategorien einteilen: Aktivistische Aktionäre, die den Börsenwert des Unternehmens steigern möchten, und sogenannte Short Seller, die genau das Gegenteil anstreben. Immer mehr Gesellschaften geraten in ihr Fadenkreuz – auch in Deutschland. Bereits jedes dritte befragte Unternehmen (rund 37 Prozent) hierzulande war laut Studie schon einmal von Aktivitäten Einfluss suchender Investoren betroffen.

Vor allem bei möglichen Attacken von Short Sellern (sogenannte Short Attacks) gibt es Handlungsbedarf in den Unternehmen. In diesem Fall setzen Short Seller auf einen fallenden Börsenkurs und bringen ihn mit der Veröffentlichung kritischer Stellungnahmen über das Unternehmen gezielt zum Absturz. Je größer die Kursverluste ausfallen, desto höher ist ihr Profit.

Investoren wollen Informationen

Shareholder Activism macht sich vor allem in immer intensiveren Auskunftsbegehren von Aktionären bemerkbar – da ist sich ein Großteil der Befragten sicher. Mehr als jede dritte Rechtsabteilung gibt an, dass Anteilseigner zunehmend stärker auf ihre gesetzlichen Auskunftsrechte pochen. Dabei werden Mitglieder aus dem oberen Management deutlich häufiger direkt kontaktiert. Rund einem Drittel der Studienteilnehmer (33 Prozent) zufolge suchen Investoren vermehrt den persönlichen Kontakt zu Vorstand oder Aufsichtsrat. „Die meisten Investoren beschränken sich auf den mehr oder weniger intensiven Austausch mit dem Management, beispielsweise die großen Vermögensverwalter und Pensions- beziehungsweise Staatsfonds oder Family Offices“, so CMS-Partner und Co-Autor Dr. Andreas Zanner. „Als Wirtschaftskanzlei beobachten wir, dass die Aktivität der Aktionäre und Investoren – in den beschriebenen Facetten – auch in Deutschland schon seit einigen Jahren stark zunimmt.“ Auch ein Großteil der Befragten (66 Prozent) geht davon aus, dass die Investoren ihre Bemühungen etwa durch die Geltendmachung von Auskunftsrechten, den direkten Austausch mit dem Vorstand oder die Platzierung öffentlicher Kritik in den kommenden Jahren noch verstärken werden. Begründet wird diese Erwartung unter anderem mit dem Einfluss digitaler Geschäftsmodelle auf die Unternehmensstrategie und dem schwierigeren Marktumfeld.

In den einzelnen Branchen sind die Wahrnehmungen dagegen unterschiedlich. Während Befragungsteilnehmer von Versicherungen und Finanzdienstleistern weit überwiegend (83 Prozent) von einer Zunahme ausgehen, bleiben die Vertreter der Immobilienwirtschaft gelassen. Nur einer von vier Befragten (25 Prozent) aus dieser Branche teilt die Sorgen der Kollegen.

Ohne Abwehrstrategie

Nur eine Minderheit der Unternehmen hat bereits eine Gegenstrategie entworfen. Lediglich zwei von fünf Befragten (38 Prozent) haben für derartige Vorkommnisse einen Notfallplan vorbereitet. Rund ein Viertel der befragten Unternehmen plant indes die Umsetzung einer Abwehrstrategie. Allerdings sind trotz verbreitetem Problembewusstsein somit knapp zwei Drittel der Unternehmen nicht auf mögliche Angriffe vorbereitet.

Aktionärsaktivisten spekulieren auf höhere Renditen

Eine höhere Aktienrendite und eine Verbesserung der Unternehmensperformance sind die hauptsächlichen Ziele von aktivistischen Aktionären. Diese Meinung vertritt jeder fünfte Teilnehmer (21 Prozent) der Studie. Zudem wollen Aktivisten Veränderungen in der Zusammensetzung von Vorstand und/oder Aufsichtsrat herbeiführen, um darüber für sie vorteilhafte Strategieänderungen herbeizuführen (19 Prozent der Befragten). Zwei von fünf Befragten (39 Prozent) sind der Meinung, dass die Aktivisten eine Änderung der Kapitalausstattung beziehungsweise der Finanzberichterstattung sowie Compliance- oder Corporate-Governance-Themen zum Ziel haben.

Short Attack – die unterschätzte Gefahr?

Ein erhebliches Risiko für börsennotierte Unternehmen bilden Short Attacks. Die Mehrheit der Befragten rechnet nicht damit, dass gerade ihr Unternehmen in den Fokus rücken könnte und gibt sich entsprechend entspannt. Gerade einmal rund sieben Prozent der befragten Leiter Recht können sich eine Short Attack vorstellen. Dazu CMS-Partner und Co-Autor Dr. Richard Mayer-Uellner: „Angesichts der Zunahme von Short Attacks sollten sich die Vorstände und Aufsichtsräte derjenigen Unternehmen, die als Angriffsziele in Betracht kommen, mit den Risiken und möglichen Gegenmaßnahmen auseinandersetzen.“ Sofern ein Angriff von Short Sellern überhaupt in Betracht gezogen wird, wird ein Haupteinfallstor insbesondere in komplexen und verzweigten Unternehmensstrukturen ausgemacht. 36 Prozent der befragten Unternehmen sehen hier ein entsprechendes Sicherheitsrisiko. Fast jeder fünfte Befragte (18 Prozent) befürchtet, dass eine Attacke das gesamte Geschäftsmodell ins Wanken bringen könne. Dafür würden Leerverkäufer vor allem nach Mängeln oder Lücken in der Compliance suchen. Ein weiterer neuralgischer Punkt: Informationen von Insidern. So fürchten sich 27 Prozent der Befragten davor, dass interne Kreise Informationen weiterspielen. Sie könnten die Tore für Short Seller öffnen, so die Meinung.

Laxes Risikomanagement

Die Mehrheit der Gesellschaften (rund 82 Prozent) rechnet nicht mit speziellen Short Seller-Aktionen. Das kann ein Spiel mit dem Feuer sein: Laut Studie verfügt nur etwa ein Viertel der Unternehmen über ein entsprechendes Risiko- und Präventionsmanagement für den Angriff von Leerverkäufern. Die meist genannten Vorbeugemaßnahmen beschränken sich auf die Analyse von Handelsbewegungen sowie die verstärkte Kommunikation mit Meinungsbildnern. Das sei aber nicht ausreichend, so CMS-Partner Mayer-Uellner: „Unternehmen müssen die Kriterien kennen, die sie in den Fokus der Short Seller rücken können und mögliche Schwachstellen analysieren. Potentiell betroffene Unternehmen sollten einen Notfall-Leitfaden für den Fall eines Angriffs in der Schublade haben. Short Attacks lassen sich wohl nicht ganz verhindern, die negativen Folgen aber doch erheblich eingrenzen.“

(Pressemitteilung CMS vom 19.03.2018)


Redaktion

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