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06.05.2020

EZB-Beschlüsse zum Staatsanleihekaufprogramm kompetenzwidrig

Autokonzerne auf der Überholspur

©kamasigns/fotolia.com

Das Bundesverfassungsgericht hat mehreren Verfassungsbeschwerden gegen das Staatsanleihekaufprogramm PSPP stattgegeben und die Beschlüsse der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Staatsanleihekaufprogramm als kompetenzwidrig eingeordnet. Damit widerspricht das Bundesverfassungsgericht erstmals dem EuGH.

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil 2 BvR 859/15 u. a. vom 05.05.2020) haben Bundesregierung und Deutscher Bundestag die Beschwerdeführer in ihrem Recht aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG verletzt. Sie haben es unterlassen, dagegen vorzugehen, dass die EZB in den für die Einführung und Durchführung des PSPP (Public Sector Purchase Programme) erlassenen Beschlüssen weder geprüft noch dargelegt hat, dass die hierbei getroffenen Maßnahmen verhältnismäßig sind.

EZB-Hilfsmaßnahmen wegen Corona bleiben außen vor

Dem steht das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 11.12.2018 nicht entgegen, da es im Hinblick auf die Kontrolle der Verhältnismäßigkeit der zur Durchführung des PSPP erlassenen Beschlüsse schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar und damit ebenfalls ultra vires ergangen ist. Einen Verstoß gegen das Verbot der monetären Haushaltsfinanzierung konnte der Senat dagegen nicht feststellen. Aktuelle finanzielle Hilfsmaßnahmen der Europäischen Union oder der EZB im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Corona-Krise sind nicht Gegenstand der Entscheidung.

Zum Sachverhalt

Das PSPP ist Teil des Expanded Asset Purchase Programme (EAPP), eines Rahmenprogramms des Eurosystems zum Ankauf von Vermögenswerten. Ausweislich seiner Begründung zielt das EAPP auf eine Ausweitung der Geldmenge; hierdurch sollen Konsum und Investitionen gefördert und die Inflationsrate in der Eurozone auf knapp unter 2 % erhöht werden. Das PSPP wurde durch Beschluss der EZB vom 04.03.2015 aufgelegt, der in der Folgezeit durch fünf weitere Beschlüsse geändert wurde. Mit dem PSPP werden Staatsanleihen und ähnliche marktfähige Schuldtitel erworben, die von der Zentralregierung eines Euro-Mitgliedstaats, „anerkannten Organen“, internationalen Organisationen und multilateralen Entwicklungsbanken mit Sitz im Euro-Währungsgebiet begeben werden. Das PSPP macht den weitaus größten Teil des EAPP aus. Zum 08.11.2019 hatte das Eurosystem im Rahmen des EAPP Wertpapiere im Gesamtwert von 2.557.800 Millionen Euro erworben, wovon 2.088.100 Millionen Euro auf das PSPP entfielen.

Bundesverfassungsgericht widerspricht dem EuGH

Die Beschwerdeführer machen mit ihren Verfassungsbeschwerden geltend, dass das PSPP gegen das Verbot monetärer Staatsfinanzierung (Art. 123 AEUV) und das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 Abs. 1 EUV in Verbindung mit Art. 119, 127 ff. AEUV) verstoße. Mit Beschluss vom 18.07.2017 hat der Senat dem Gerichtshof mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt; diese betrafen insbesondere das Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung, das Mandat der EZB für die Währungspolitik und einen möglichen Übergriff in die Zuständigkeit und Haushaltshoheit der Mitgliedstaaten. Mit Urteil vom 11.12.2018 hat der EuGH entschieden, dass das PSPP nicht über das Mandat der EZB hinausgehe und auch nicht gegen das Verbot der monetären Haushaltsfinanzierung verstoße.

(Bundesverfassungsgericht, PM vom 05.05.2020 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)

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