25.05.2016

Investoren lieben Deutschland

Autokonzerne auf der Überholspur

Corporate Finance

Deutschland bleibt für ausländische Investoren die Top-Adresse in Europa: In einer weltweiten Befragung von 735 Unternehmen nannten 69% Deutschland als einen von drei Top-Investitionsstandorten in Europa. Großbritannien (43%) und Frankreich (36%) folgen mit deutlichem Abstand.

Mehr als sieben von zehn Unternehmen (72%) loben die deutsche Standortpolitik, fast jeder vierte Befragte bewertet sie sogar als uneingeschränkt investorenfreundlich. Damit steigt die Zustimmung zur deutschen Standortpolitik auf Rekordniveau.

Diese positive Bewertung schlägt sich in konkreten Investitionen nieder: Im Jahr 2015 stieg die Zahl der ausländischen Investitionsprojekte in Deutschland auf 946 Projekte – das sind 9% mehr als im Vorjahr und ein neuer Höchstwert. Im europäischen Vergleich konnte nur Großbritannien mehr Investitionsprojekte als Deutschland anziehen – dank investitionsfreudiger US-Unternehmen, die bei ihren Europa-Investitionen traditionell die britischen Inseln bevorzugen.

Ausländische Investoren wollen mehr Arbeitsplätze in Deutschland schaffen: Die Zahl der angekündigten neuen Stellen stieg 2015 um 44% auf gut 17.100.

Die Aussichten bleiben positiv: 46% der Investoren rechnen mit einer weiteren Steigerung der Attraktivität Deutschlands in den kommenden Jahren, nur jeder zehnte geht von einer Verschlechterung aus.

Gleichzeitig sinkt der Anteil der ausländischen Unternehmen, die Deutschland den Rücken kehren wollen, auf den tiefsten Stand seit dem Jahr 2005, als die Befragung zum ersten Mal durchgeführt wurde: Nur 8% der ausländischen Unternehmen planen derzeit eine Verlagerung von Teilen ihrer Tätigkeit aus Deutschland in ein anderes Land.

Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) zur Attraktivität des Wirtschaftsraums Europa und zu tatsächlichen Investitionsprojekten ausländischer Unternehmen in Europa.

Hubert Barth, Mitglied der Geschäftsführung von EY in Deutschland: „Deutschland zählt aktuell zu den attraktivsten Standorte der Welt – hier finden Investoren gut ausgebildete Arbeitskräfte vor und können auf eine hohe politische, soziale und rechtliche Sicherheit zählen, was gerade in politisch und wirtschaftlich unruhigen Zeiten ein hohes Gut ist“. Vor allem Deutschlands große Bedeutung als politischer und wirtschaftlicher Stabilitätsanker in Europa dürfte zur positiven Sicht ausländischer Manager auf die Bundesrepublik beigetragen haben.

Investitionen auch europaweit gestiegen

Nicht nur in Deutschland, sondern auch europaweit ist die Zahl der ausländischen Investitionsprojekte im vergangenen Jahr auf ein neues Rekordniveau geklettert: In Deutschland stieg sie um 9% auf 946, europaweit sogar um 14% auf 5.083. Während die beiden europäischen Top-Standorte Großbritannien und Deutschland jeweils kräftige Zuwächse verbuchen konnten – um 20 bzw. 9% – verzeichnete Frankreich als drittwichtigster Investitionsstandort Europas einen leichten Rückgang um 2%.

Großbritannien konnte im vergangenen Jahr seine Position als führender Dienstleistungs- und Finanzstandort ausbauen, während Deutschland unangefochten die Nummer Eins bei Industrieprojekten ist: So verzeichnete Großbritannien 469 Investitionsprojekte im Bereich Finanzen und Unternehmensdienstleistungen – vor Deutschland, wo 322 derartige Investitionen gezählt wurden. Bei Industrieinvestitionen liegt hingegen Deutschland mit 459 Projekten in Führung, Großbritannien belegt mit 355 Projekten den zweiten Platz.

Investoren thematisieren Infrastruktur und kritisieren Arbeitskosten

Aus Investorensicht punktet der Standort Deutschland vor allem mit seiner Kommunikations- und Verkehrsinfrastruktur sowie mit dem Qualifikationsniveau der Arbeitskräfte. Mehr als vier von fünf Managern bewerten diese Standortfaktoren hierzulande als attraktiv.

Allerdings werden die Verkehrsinfrastruktur, das Qualifikationsniveau und auch die politische Stabilität etwas weniger positiv beurteilt als im Vorjahr – bei allen drei Faktoren ist die Zustimmung um jeweils fünf Prozentpunkte gesunken. Noch stärkere Einbußen sind beim sozialen Klima zu verzeichnen. Ein deutlicher Rückgang von acht Prozentpunkten zeigt, dass die ausländischen Investoren die Zunahme fremdenfeindlicher Demonstrationen und Anschläge sowie die Reaktion der Politik aufmerksam verfolgen. „Die steigende Zahl fremdenfeindlicher Aktionen und Initiativen hat das Potenzial, sich künftig negativ auf die Investitionsbereitschaft ausländischer Unternehmen auszuwirken“, warnt Peter Englisch, Partner bei EY.

Eher schwach schneidet der Standort Deutschland in Bezug auf kostenseitige Faktoren und die Flexibilität arbeitsrechtlicher Bestimmungen ab. Nur noch 37% der Investoren bewerten die Personal- und Arbeitskosten in Deutschland als attraktiv – ein Rückgang um 13 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Rückläufig ist auch die Zustimmung zur Flexibilität des Arbeitsrechts und zur Unternehmensbesteuerung.

Dass die Attraktivität Deutschlands bei den Kostenfaktoren so deutlich gesunken ist, wertet Englisch als Warnsignal: „Deutschland ist ein Premiumstandort und kein Niedriglohnland. Dennoch dürfen wir die Kosten nicht ganz aus den Augen verlieren. Investitionsentscheidungen müssen sich rechnen – und wenn Deutschland zu teuer wird, werden mehr Investoren vor einem Engagement in Deutschland zurückschrecken“.

Spitzentechnologie ist Deutschlands Motor – Digitalisierung als Chance

Zukünftig werden vor allem innovationsstarke Branchen die Entwicklung des Standorts Deutschland prägen – so die Einschätzung ausländischer Investoren. Dabei bleibt die Automobilindustrie unangefochten Deutschlands Vorzeigebranche Nummer eins: 45% der befragten Manager bescheinigen ihr großes Wachstumspotenzial. Auf Rang zwei folgt mit 28% die Informations- und Kommunikationstechnik, die im Vergleich zum Vorjahr stark zulegen kann. Rang drei belegt die Pharma- und Biotechnologiebranche, die von jedem vierten Befragten zu den wachstumsstärksten Branchen in den kommenden Jahren gezählt wird.

„Die deutsche Wirtschaft ist derzeit noch stark von der sogenannten „Old Economy“ dominiert – der Autoindustrie und dem Maschinenbau“, kommentiert Barth. „Die fortschreitende Digitalisierung wird aber gerade diese Branchen in den kommenden Jahren massiv verändern – autonomes Fahren und Industrie 4.0 sind die Trends, die diese Branchen prägen werden“.

Englisch ergänzt, dass gerade der Standort Deutschland bei der zunehmenden Automatisierung und Digitalisierung von Produktionsabläufen Vorreiter sein kann: „Am Hochlohnstandort Deutschland ist der Kostendruck und damit der Zwang zur Flexibilisierung und Steigerung der Effizienz deutlich stärker spürbar als in Niedriglohnstandorten. Gerade hierzulande sollten die Unternehmen also massiv in die Digitalisierung investieren, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu behaupten. Die Digitalisierung bietet erhebliche Chancen für Deutschland: nämlich ganz vorn dabei zu sein bei technologischen Innovationen – letztlich der Markenkern des Standorts Deutschland“.

Erfreulicherweise sind hier in jüngster Zeit einige Fortschritte zu verzeichnen. So hat sich gerade Berlin inzwischen auch international einen Ruf als Hotspot für Start-ups und Themen rund um die Digitalisierung erworben. Viele Konzerne versuchen verstärkt, von dieser Dynamik zu profitieren und Kooperationen mit Start-ups einzugehen, um die eigenen Geschäftsmodelle entsprechend den Anforderungen einer digitalisierten Wirtschaft umzugestalten.

In der diesjährigen Befragung zählte immerhin jeder zehnte Investor Berlin zu den drei Städten weltweit mit den besten Voraussetzungen, die „Googles“ der Zukunft hervorzubringen. Noch im Vorjahr lag der Anteil bei 5%.

Weitere Informationen finden Sie hier.

(Pressemitteilung EY vom 24.05.2016)


Redaktion

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