• Home
  • /
  • Meldungen
  • /
  • Kurzarbeit verlangsamt aktuell in jedem zweiten Unternehmen in Deutschland langfristige Projekte für Transformation

26.11.2020

Kurzarbeit verlangsamt aktuell in jedem zweiten Unternehmen in Deutschland langfristige Projekte für Transformation

Autokonzerne auf der Überholspur

© Erwin Wodicka /fotolia.com

Kurzarbeit bremst Transformation und Innovation in deutschen Unternehmen. Etwa die Hälfte der Firmen mit Kurzarbeit hat Projekte in diesen Bereichen gestoppt oder deutlich verlangsamt. Das sind Ergebnisse einer Umfrage der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG). Gleichzeitig ist Kurz­arbeit ein wirksames Instrument zur akuten Krisenbewältigung, wie die BCG-Analyse zeigt: Vier von zehn Unternehmen hätten ohne Kurzarbeit Stellen abbauen müssen. Schätzungsweise 2,4 Millionen Arbeitsplätze konnten damit seit dem ersten Lockdown in Deutschland erhalten bleiben. Für die Analyse wurden Entscheidungsträger aus Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über einer Milliarde Euro befragt. Insgesamt beschäftigen diese Firmen mehr als 1,4 Millionen Mitarbeiter.

„Kurzarbeit hilft, die akute Krise zu meistern. Zu lange eingesetzt, kann sie jedoch überholte Strukturen festigen und so die Zukunftsfähigkeit deutscher Unternehmen gefährden“, sagt Dr. Reinhard Messenböck, Leiter des Bereichs Change Management bei BCG.

Fünfmal so viele Kurzarbeiter wie in der Finanzkrise

7,3 Millionen Menschen waren im Mai in Kurzarbeit, das sind fünfmal so viele wie auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008/2009. Im Oktober waren es noch 3,3 Millionen bzw. zehn Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Die befragten Unter­nehmen rechnen damit, im Schnitt über einen Zeitraum von einem Jahr das Mittel der Kurzarbeit einsetzen zu müssen.

„Erfolgreiche Unternehmen warten nicht einfach auf die Erholung der Konjunktur, sondern treiben laufende Transformationen voran und gehen strukturelle Probleme konsequent an“, sagt Messenböck. Der Nachholbedarf in Deutschland ist groß. Bereits vor der Krise schätzte nur ein Drittel der Firmen hierzulande die vorhandenen Kom­petenzen für die digitale Transformation als ausreichend ein. Im weltweiten Schnitt fühlte sich dagegen bereits die Hälfte der Unternehmen für die Digitalisierung gut aufgestellt. „Es besteht die Gefahr, dass Deutschland im internationalen Vergleich weiter zurückfällt, wenn sich Transformationsprojekte weiter verzögern und notwendige Personalanpassungen ausbleiben“, so Messenböck.

Notwendiger Personalabbau droht verschleppt zu werden

Vier von zehn Unternehmen sehen Hinweise darauf, dass der Abbau von Personal aufgeschoben wird, obwohl er bereits vor der Coronakrise notwendig war. Im jeweils eigenen Betrieb sehen die Personalverantwortlichen dafür eine um zehn Prozentpunkte geringere Wahrscheinlichkeit als bei Wettbewerbern. „In Unternehmen, die vor der Krise bereits Probleme hatten, kann Kurzarbeit dazu führen, dass diese Probleme nach Wegfall des Instruments massiv verstärkt sind, weil notwendige Anpassungen ausbleiben. Deshalb ist es wichtig, jetzt zügig zu agieren und die Weichen für die Zukunft zu stellen“, erläutert Messenböck.

55 Prozent der befragten Unternehmen geben an, dass ihre Produktivität unter den Bedingungen der Kurzarbeit abgenommen hat. Wenn Mitarbeiter gar nicht oder nur eingeschränkt verfügbar sind, leidet die Zusammenarbeit in Teams, viele Arbeits­prozesse können nicht störungsfrei laufen. „Flexible Arbeitsmodelle oder gezielte Weiterbildungen können Mitarbeiter selbst in der aktuellen Krisensituation motivieren“, sagt Reinhard Messenböck. Auch die aktive Involvierung von Mitarbeitern in Trans­formationen und eine klare Artikulation der Veränderungsgründe können dabei helfen, Mitarbeiter motiviert und produktiv zu halten.

„Viele von Kurzarbeit betroffene Mitarbeiter empfinden ihre Situation als belastend“, gibt Messenböck zu bedenken. „Das wirkt sich auf die Unternehmenskultur aus.“ Die BCG-Umfrage zeigt, dass rund die Hälfte der Kurzarbeiter unzufrieden ist und sich gegenüber Kollegen ungerecht behandelt fühlt. „Transparente Entscheidungen und eine gute Kommunikation – etwa regelmäßige Mitarbeitergespräche – helfen Unsicherheiten und Ängste in der Belegschaft abzubauen“, sagt Messenböck. Er empfiehlt zudem, regelmäßig für einzelne Abteilungen zu prüfen, ob und wieweit Kurzarbeit überhaupt noch notwendig sei. „Mitarbeiter können Entscheidungen dann besser nachvollziehen. Letztlich geht es darum, Kurzarbeit fair anzuwenden.“

(Pressemitteilung BCG vom 12.11.2020)


Redaktion

Weitere Meldungen


KI, Künstliche Intelligenz, Roboter, Zukunft, Industrie 4.0
Meldung

©Alexander Limbach/fotolia.com

24.04.2024

Deutsche Führungskräfte unterschätzen KI

Die deutsche Wirtschaft ist noch nicht ausreichend auf den Wandel vorbereitet, den generative Künstliche Intelligenz (GenAI) für ihre Geschäftsmodelle und Arbeitsplätze bedeutet. Zugleich wird die Auswirkung durch GenAI auf das eigene Geschäft als vergleichsweise gering erachtet. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der vierteljährlich erscheinenden Studie „State of Generative AI in the Enterprise“, für die das

Deutsche Führungskräfte unterschätzen KI
Innovation, Start-up, Erfolg, Start, Rakete, Raumfahrt
Meldung

©andreypopov/123rf.com

23.04.2024

USA bleiben bei Schlüsseltechnologien vor China

Die USA bleiben im Technologiesektor führend, obwohl China bereits seit 2019 mehr Patent Cooperation Treaty (PCT) Patente anmeldet. Chinas Fokus auf möglichst viele Patentanmeldungen hat jedoch nicht zu Erfindungen mit großer globaler Wirkung geführt. Zudem ist China stärker von Technologien aus anderen Regionen abhängig. China wird somit den USA die Technologieführerschaft nicht abnehmen, das zeigt

USA bleiben bei Schlüsseltechnologien vor China
Inflation
Meldung

©gesrey/123rf.com

23.04.2024

Wirtschaftsexperten erwarten leichten Rückgang der Inflation weltweit

Wirtschaftsexpertinnen und -experten aus aller Welt erwarten einen Rückgang der Inflationsraten in den kommenden Jahren. Das geht aus dem Economic Experts Survey hervor, einer vierteljährlichen Umfrage des ifo Instituts und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik. Demnach wird die Inflationsrate im Jahr 2024 weltweit 4,6 % erreichen, im kommenden Jahr dann 4,4 % und 2027 noch

Wirtschaftsexperten erwarten leichten Rückgang der Inflation weltweit
CORPORATE FINANCE - Die Erfolgsformel für Finanzprofis

Haben wir Ihr Interesse für CORPORATE FINANCE geweckt?

Sichern Sie sich das CORPORATE FINANCE Gratis Paket: 1 Heft + Datenbank