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18.09.2018

Schwarmfinanzierung: Werbeverstöße auf Crowdinvesting-Plattformen

Autokonzerne auf der Überholspur

© Miriam Dörr/fotolia.com

Die BaFin hat eine Internetrecherche zu Verstößen gegen Werbe- und Veröffentlichungspflichten auf Plattformen durchgeführt, die Schwarmfinanzierung ermöglichen. Ziel war es, Missstände aufzudecken und somit das Aufsichtsziel des kollektiven Verbraucherschutzes zu stärken. Der Fokus lag auf Vermögensanlagen, die gemäß § 2a Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) prospektfrei über Crowdinvesting-Plattformen angeboten werden.

Insgesamt überprüfte die BaFin Projekte auf 50 aktiven Crowdinvesting-Internetseiten. Dabei untersuchte sie eingehend die Einhaltung der Werbe- und Veröffentlichungspflichten nach §§ 12 und 13a VermAnlG. Im Fokus standen die ordnungsgemäße Gestaltung der Warnhinweise und die freie Zugänglichkeit der Vermögensanlagen-Informationsblätter (VIB). Das Ergebnis: Bei circa 70 Prozent der untersuchten Crowdinvesting-Plattformen stellte die BaFin Auffälligkeiten fest.

Hinweispflichten

Für die Werbung öffentlich angebotener Vermögensanlagen gelten nach § 12 Absätze 2 und 3 VermAnlG gesetzliche Hinweispflichten. Die Hinweise sind überall dort erforderlich, wo eine Werbeaussage mit den wesentlichen Merkmalen der Vermögensanlage platziert ist, zum Beispiel zum Zinssatz oder der Laufzeit der Vermögensanlage. Dies gilt auch für die Start- und die einzelnen Übersichtsseiten von Crowdinvesting-Plattformen und in sozialen Medien.

Die Warnhinweise müssen deutlich hervorgehoben sein. Dies kann zum Beispiel durch einen Rahmen, eine auffällige Farbe oder eine größere Schrift im Vergleich zu den restlichen Texten der Seite erfolgen. Der hervorgehobene Warnhinweis darf nicht von anderen Gestaltungsmerkmalen abgeschwächt werden. Er ist so zu positionieren, dass der Anleger ihn unmittelbar im Zusammenhang mit den wesentlichen Merkmalen der Vermögensanlage wahrnehmen kann, bevor er seine Anlageentscheidung trifft. Ein Warnhinweis ohne Bezug zu den wesentlichen Angebotsbedingungen, beispielsweise am Ende einer Seite, reicht nicht aus. Im Idealfall ist der Warnhinweis flexibel zu positionieren, so dass er durchgehend sichtbar ist und jederzeit mitläuft. Wegen der Vielfalt der Ausgestaltungsmöglichkeiten ist stets der Einzelfall zu betrachten.

Für Werbevideos, die sich auf konkrete Vermögensanlagen beziehen, gelten die Werbevorschriften nach dem Vermögensanlagengesetz ebenfalls. Die Warnhinweise müssen durchgehend im Video enthalten, deutlich hervorgehoben und jederzeit gut lesbar sein. Dabei darf es keine visuelle Überschneidung mit anderen Inhalten geben, zum Beispiel mit Untertiteln.

Art der Verstöße

Die BaFin stellte hierbei drei verschiedene Kategorien von Auffälligkeiten fest (siehe Tabelle „Art der Verstöße“). Bei 94 Prozent der Verstöße lag ein Missstand bezüglich des „Risiko-Warnhinweises“ nach § 12 Absatz 2 VermAnlG vor. In 26 Prozent der Fälle gab es Verstöße gegen die Vorgabe, einen „Rendite-Warnhinweis“ gemäß § 12 Absatz 3 VermAnlG einzufügen. Bei 17 Prozent schließlich war das jeweilige VIB entgegen § 13a Absatz 2 VermAnlG nicht ohne Zugriffsbeschränkungen für jedermann zugänglich, sondern lediglich in einem passwortgeschützten Bereich einsehbar.

Da auf einigen Crowdinvesting-Plattformen mehre Arten von Verstößen festgestellt wurden, liegt der Gesamtwert bei über 100 Prozent.

Art der Verstöße

Art der AuffälligkeitFälle in Prozent
Warnhinweis nicht deutlich hervorgehoben (§ 12 Absatz 2 VermAnlG)94
Fehlender Rendite-Warnhinweis (§ 12 Absatz 3 VermAnlG)26
Zugriffsbeschränkung bei Vermögensanlagen-Informationsblatt (§ 13a Absatz 2 VermAnlG)17

Risiko-Warnhinweis

Betrachtet man die Verstöße bezüglich des Risiko-Warnhinweises gemäß § 12 Absatz 2 VermAnlG näher, ergibt sich folgendes Bild: Auf 62 Prozent der Internetseiten war der Warnhinweis nicht deutlich hervorgehoben (siehe Abbildung 1). Bei rund der Hälfte der Crowdinvesting-Plattformen fehlte der Warnhinweis auf der Start- beziehungsweise auf den einzelnen Übersichtsseiten sogar ganz. In jedem fünften Fall war der Warnhinweis nicht geeignet positioniert.

Viele Crowdinvesting-Plattformen verwenden zur visuellen Unterstützung zusätzlich Werbevideos für die jeweiligen Projekte. Bei der Überprüfung fiel auf, dass der Warnhinweis in 37 Prozent der Werbevideos nur eingeschränkt erkennbar war. Bei 9 Prozent der Crowdinvesting-Plattformen war der Warnhinweis nicht durchgängig in die Videos eingebettet, in 6 Prozent der dokumentierten Verstöße fehlte er ganz.

Verstöße beim Risiko-Hinweis

Verstöße beim Risiko-Hinweis

Grafik: Verstöße beim Risiko-Hinweis; © BaFin

Rendite-Warnhinweis

Im Gegensatz zum Risiko-Warnhinweis, der nur in wenigen Fällen ganz fehlte, war in Bezug auf den Rendite-Warnhinweis nach § 12 Absatz 3 VermAnlG ein mangelndes Bewusstsein erkennbar, dass dieser überhaupt aufzunehmen ist: Der Hinweis fehlte auf 55 Prozent der untersuchten Crowdinvesting-Plattformen gänzlich (siehe Abbildung 2). Dies betraf insbesondere partiarische Darlehen.

In 33 Prozent der Fälle mangelte es an einer deutlichen Hervorhebung des Hinweises auf der Webseite. Die Formulierung des Hinweises entsprach bei 11 Prozent nicht dem Wortlaut des Gesetzes.

Auch bei 44 Prozent der Werbevideos fehlte der Warnhinweis. Bei je 11 Prozent war er entweder nicht deutlich oder nicht durchgängig erkennbar.

Verstöße beim Rendite-Warnhinweis

Verstöße beim Rendite-Hinweis

Grafik: Verstöße beim Rendite-Hinweis; © BaFin

Korrektur und gesteigertes Bewusstsein

Die BaFin hat die Betreiber der Crowdinvesting-Plattformen in einem nichtförmlichen Verfahren über die Feststellungen informiert. Die ordnungsgemäße Einhaltung der Werbevorschriften nach dem Vermögensanlagengesetz obliegt zwar grundsätzlich den Anbietern. Deren Werbeauftritt wird jedoch zumeist gebündelt durch die vermittelnden Crowdinvesting-Plattformen vorgenommen, die Änderungen somit technisch und für alle Anbieter einheitlich umsetzen können. Daher ist die BaFin direkt an die Betreiber herangetreten, um schnellstmöglich den rechtskonformen Zustand herzustellen.

Sie hat ihnen die Möglichkeit eingeräumt, die Verstöße zu beseitigen und Rechtskonformität herzustellen. Die Betreiber zeigten überwiegend eine hohe Kooperationsbereitschaft. Noch nicht korrigierte Verstöße verfolgt die BaFin weiterhin. Sie kann gemäß § 16 Absatz 1 VermAnlG bestimmte Arten von Werbung untersagen.

Schon jetzt lässt die Kommunikation mit den Plattformbetreibern den Rückschluss zu, dass die aktive Kontrolle der BaFin ein geschärftes Bewusstsein für die Werbevorschriften des Vermögensanlagengesetzes geschaffen hat. Bei neuen Projekten beachten die meisten Betreiber die Vorschriften nun von vornherein. Insofern kann die Recherche auch aus längerfristiger Perspektive als Erfolg gewertet werden.

(Quelle: BaFinJournal vom 17.09.2018)


Redaktion

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