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01.06.2018

Sicherung von Unternehmenswerten bei Verkaufsprozessen mit Exit-Readiness-Analysen

Autokonzerne auf der Überholspur

Martin Franke

Bei Unternehmensverkäufen kann mit einer frühzeitigen Exit-Readiness-Analyse (ERA) die Sicherheit des Transaktionsprozesses verbessert und der Verkauf beschleunigt werden. Erosionen des Kaufpreises werden so vermieden und Unternehmenswerte auf diese Weise gesichert.

Die Überlegung eines Unternehmers, sein Unternehmen bzw. das Unternehmen seiner Familie zu verkaufen, ist unabhängig von dem Motiv oder Anlass sicher eine schwerwiegende Problematik, denn es geht um das eigene Lebenswerk oder das Werk vorhergehender Generationen. Schwierige Entscheidungen stehen an, so auch die, die für den Verkaufsprozess notwendigen Berater zu finden und in einer späteren Phase des Verkaufsprozesses den richtigen Käufer auszuwählen. Häufig wird von Verkäufern zudem unterschätzt, welche zusätzlichen Anforderungen der eigentliche Verkaufsprozess an sie stellen wird. Dies gilt insbesondere für die Phase der „Due Diligence“, also die Risikoeinschätzung und -prüfung, die potentielle Investoren für das zu verkaufende Unternehmen durchführen lassen. Zu empfehlen ist die Durchführung einer so genannten Exit-Readiness-Analyse (ERA).

Das Risiko von Kaufpreiserosionen im Rahmen der Due-Diligence-Prozesse

Die grundlegende Zielsetzung einer Due Diligence besteht darin, die Informationsasymmetrie zwischen dem vermeintlich über das zu verkaufende Unternehmen gut informierten Verkäufer und dem vermeintlich schlechter informierten Erwerber zu überbrücken. Die Due Diligence hat somit für den potentiellen Erwerber eine wichtige Funktion im Hinblick auf seine Kaufpreisfindung und letztendlich für seine Kaufentscheidung.

In diesem Zusammenhang ist die Beachtung empirischer Untersuchungen empfehlenswert, die gezeigt haben, dass in der Vergangenheit bei rund 70% der im deutschsprachigen Raum untersuchten Unternehmenstransaktionen vom Beginn bis zum Ende des Verkaufsprozesses eine Erosion des Unternehmenskaufpreises beobachtet wurde. Die Gründe hierfür mögen vielfältig sein. Die Beratungspraxis zeigt jedoch, dass vor allem Sachverhalte oder auch Risiken zu einer Preiserosion führen, die durch den potentiellen Erwerber im Rahmen des Due-Diligence-Prozesses identifiziert wurden. Insbesondere die nachfolgend aufgeführten Sachverhalte geben potenziellen Erwerbern immer wieder Gründe dafür, ihr ursprüngliches Kaufpreisangebot zu reduzieren:

  • Unternehmensplanungen, die durch die Verkäuferseite vorgelegt werden, sind nicht integriert, nicht ausreichend detailliert und wesentliche Planungsannahmen nicht ausreichend dokumentiert. Ihre Herleitung ist anhand von Vergangenheitsdaten und/oder allgemeiner Markterwartungen nicht nachvollziehbar.
  • Informationen über die historische Ergebnis- und Liquiditätsentwicklung sind nicht ausreichend detailliert und ggf. nicht konsistent zueinander, sodass die Entwicklung wesentlicher Werttreiber nicht analysiert und nachvollzogen werden kann.
  • Angedeutete Optimierungspotenziale können nicht verifiziert werden.
  • Netto-Finanzverbindlichkeiten, die eine wesentliche Anpassungsgröße im Rahmen der Kaufpreisbestimmung darstellen, sind aufgrund der Erkenntnisse des Due-Diligence-Prozesses wesentlich weiter zu fassen als ursprünglich angenommen.
  • Die ursprünglich angedachte Transaktionsstruktur wird im Verlaufe des Verkaufsprozesses geändert.
  • Vor allem aber birgt insgesamt eine mangelnde Konsistenz der im Verlauf des Prozesses zur Verfügung gestellten Informationen die Gefahr, dass die Käuferseite ihr Vertrauen in das Unternehmen und die Fähigkeiten des jeweiligen Managements verliert. Und ein Verlust an Vertrauen, dies zeigt die Praxis, führt fast unweigerlich zu Preisabschlägen.

Um hier gegenzusteuern und somit eine Kaufpreiserosion im Verlaufe des Due-Diligence-Prozesses zu vermeiden bzw. ggf. sogar den Kaufpreis zu steigern, ist es empfehlenswert, langfristig im Vorfeld zu einem geplanten Unternehmensverkauf eine sogenannte „Exit-Readiness-Analyse“ durchzuführen.

Was die Exit-Readiness-Analyse (ERA) leisten kann

Die Zielsetzungen und Aufgaben einer ERA lassen sich wie folgt definieren:

  • Analyse der Datenbasis im Hinblick auf Vollständigkeit, Aussagefähigkeit, Plausibilität und Konsistenz. Dies schließt die Entwicklung eines Konzepts für eine entsprechende Dokumentation oder einer Präsentation von relevanten Informationen über den gesamten Verkaufsprozess ein.
  • Identifikation von Optimierungspotenzialen und Initiierung ihrer Umsetzung ggf. vor der angedachten Transaktion. Hier geht es insbesondere um die Ermittlung der zukünftigen Wertbeiträge dieser Optimierungspotenziale und deren Kommunikation an die potenziellen Investoren.
  • Identifikation von Risiken, die wertbeeinflussend sein können. Anzustreben ist eine „Heilung“ dieser Risiken, bevor der Verkaufsprozess begonnen wird, so z.B. durch die Wertberichtigung von Bilanzpositionen.
  • Identifikation möglicher „Deal-Breaker“ aus Sicht des Investors und Skizzierung von Handlungsoptionen im Hinblick auf die SPA-Verhandlung (Sales and Purchase Agreement). Dabei kommt es darauf an, eine pro-aktive Haltung einzunehmen und nicht nur zu reagieren.
  • Überprüfung der möglichen Transaktionsstruktur und ggf. Optimierung des Transaktionsobjekts durch die Herauslösung von Unternehmensteilen im Vorfeld der eigentlichen Transaktion.

Eine zielgerichtete ERA und die Ableitung entsprechender Maßnahmen setzen ein nachhaltiges Verständnis für die Perspektive bzw. die Informationsbedürfnisse der Käuferseite voraus. Hierbei ist zu beachten, dass die Informationsbedürfnisse von strategischen Investoren, Finanzinvestoren und auch der finanzierenden Banken differieren können. Obwohl die vorgenannten Parteien im Rahmen einer Due Diligence zum größten Teil die gleichen Untersuchungsschwerpunkte und Fragestellungen haben, mögen z.B. bei einem strategischen Investor die Fragen nach bestehenden Synergiepotentialen mit seiner eigenen Organisation eher im Vordergrund stehen als bei einem Finanzinvestor. Dieser ist, wenn er erstmalig in eine Branche investiert, eher daran interessiert, die Markt- und Wettbewerbspositionen eines Unternehmens zu verstehen, die wiederum einem strategischen Investor im Vorfeld einer Transaktion schon bekannt sein dürften.

Finanzwirtschaftliche Aspekte der Unternehmensbewertung

Untersuchungsschwerpunkte einer ERA, die sich auf den finanzwirtschaftlichen Bereich eines Unternehmens beziehen, können wie folgt sein (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

Im Hinblick auf die historische Ergebnissituation des zu verkaufenden Unternehmens wird untersucht, inwieweit diese durch einmalige, periodenfremde und nicht wiederkehrende Effekte beeinflusst wurde, um somit dem Investor ein möglichst genaues Bild über die gegenwärtige und zukünftige Ergebnissituation des Unternehmens zu geben.

  • Häufig wird die Ergebnissituation z.B. durch Aufwendungen belastet, die dem Gesellschafter und seiner privaten Lebensführung zuzuordnen sind und die nach einem Verkauf nicht mehr anfallen werden. Der Nachweis eines nachhaltig höheren Ertragspotenzials rechtfertigt eine entsprechend höhere Kaufpreisforderung seitens des Verkäufers.
  • Eine Ergebnisnormalisierung für die Vergangenheit ist aber auch notwendig, um einen richtigen Aufsatzpunkt für eine integrierte mehrjährige Unternehmensplanung zu haben, die häufig erstmalig im Rahmen der ERA erstellt wird, da mittelständische Unternehmen bis zu einer bestimmten Größenordnung häufig nur eine rudimentäre Ergebnisplanung durchführen und auf eine Bilanz- und Cashflow-Planung verzichten.

Analysen im Hinblick auf die Netto-Finanzverbindlichkeiten, die i.d.R. bei der Kaufpreisbestimmung eine wesentliche Bedeutung haben, zielen u.a. darauf ab, ob die Bilanz eines Unternehmens neben den Netto-Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten weitere Positionen enthält, die von einem Investor als Netto-Finanzverbindlichkeiten definiert werden könnten:

  • Hierzu gehören zunächst Sachverhalte wie Factoring, Finanzierungsleasing und Lieferantenkredite.
  • Eine herausragende Bedeutung bei der Bestimmung der Netto-Finanzverbindlichkeiten nehmen immer wieder die Pensionsverbindlichkeiten eines Unternehmens ein. Im Rahmen der ERA versucht man, sowohl ein Verständnis für die Angemessenheit der Bewertungsparameter als auch – bei einer breiten Basis von Pensionsberechtigten – für die zukünftigen Zahlungsströme zu erlangen. Bestehen jedoch nur Pensionsverpflichtungen gegenüber dem Kreis der Gesellschafter-Geschäftsführer, sollte im Vorfeld einer Transaktion untersucht werden, ob es wirtschaftlich tragbare Lösungen für eine Ausgliederung der Pensionsverbindlichkeiten gibt. Dies wirkt sich entsprechend kaufpreiserhöhend aus, zumal ein Investor i.d.R. eine geringe Bereitschaft hat, sich mit Pensionsanwartschaften eines ausgeschiedenen Gesellschafters zukünftig auseinander zu setzen.
  • Ebenso sollte als Teil der ERA mit dem ausscheidenden Gesellschafter erörtert werden, ob er bereit ist, nach der Veräußerung seines Unternehmens noch für einen definierten Zeitraum eine aktive Rolle in der Geschäftsführung oder als Berater wahrzunehmen, da dies zumindest von Finanzinvestoren zur Sicherstellung eines geordneten Übergangs des Geschäftsbetriebs und der Geschäftskontakte gefordert werden könnte, dies insbesondere dann, wenn keine ausgeprägte zweite Führungsebene etabliert ist. Ebenso sollte ein Unternehmensverkäufer darauf vorbereitet sein, dass ein Finanzinvestor eine Rückbeteiligung seitens des Verkäufers für einen bestimmten Zeitraum erwarten könnte.

Autor: Martin Franke ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, Mitglied der Geschäftsführung bei PKF Fasselt Schlage Köln sowie Vorstandsmitglied des „Private Equity Forum NRW“.


Redaktion

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