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09.10.2020

Signifikante Kosteneinsparungen durch konsequente Bereinigung organisatorischer Anomalien

Autokonzerne auf der Überholspur

Philipp Kinzler

Data Analytics und smarte Visualisierungen ermöglichen eine schnelle und zielgerichtete Identifikation von konkreten Effizienzsteigerungspotenzialen.

Aufbauorganisationen sind oftmals über Jahre hinweg gewachsene Strukturen, in welchen Anomalien und Inkonsistenzen meist immanent sind. Eine Bereinigung von organisatorischen „Unwuchten“ kann, in Abhängigkeit von den individuellen Rahmenbedingungen, Effizienzpotenziale von 20 Prozent und mehr freisetzen. In der Praxis erweist es sich jedoch auf Basis der häufig unübersichtlichen Daten und traditionell eher statischen Auswertungen oftmals als schwierig, solche Optimierungs- und Kosteneinsparpotenziale in einem vertretbaren Zeitrahmen zu identifizieren.

Gerade in Transformations- oder Restrukturierungssituationen sind Geschwindigkeit in der Analyse in Verbindung mit einem hohen Maß an Konkretheit der Ergebnisse bzw. Maßnahmen jedoch unabdingbar. Der Einsatz von intelligenten digitalen Tools kann hier förderlich sein und unterstützt die Identifikation von Effizienzpotenzialen intuitiv, schnell und auf Basis datengetriebener Analysen.

Organisatorische Anomalien bedeuten Kosteneinsparpotenzial

Während sich Geschäftsmodelle von Unternehmen rasch weiterentwickeln, erfuhren organisatorische Strukturen oftmals keine Anpassungen. Über Jahre hinweg gewachsene oder durch Zukäufe entstandene, heterogene Strukturen führen zu signifikanten Inkonsistenzen und Anomalien. Je länger keine Anpassungen an der formellen Aufbauorganisation vorgenommen wurden, desto wahrscheinlicher zeigen sich solche Inkonsistenzen oder Anomalien.

Die Begründung ist gewöhnlich, dass diese Strukturen „historisch gewachsen“ sind. Als Folge werden jedoch häufig unverhältnismäßige Kosten verursacht. Neben den klassischen Themen wie der Bereinigung von überflüssigen Hierarchieebenen und ineffizienten Führungsspannen („Spans & Layers“) können in der Praxis eine Reihe weiterer organisatorischer Auffälligkeiten beobachtet werden, wie bspw.:

  • Mangelende geographische Konsolidierung („Verstreute Teams“)
  • Doppelung von Aufgaben innerhalb verschiedener Funktionen („Silos“)
  • Übertriebene funktionale Zergliederung („Taylorismus“)
  • Deutliche Unterschiede in der Bezahlung oder Leistung („Ausreißer“)
  • Teamleiter oder Manager ohne zugeordnetes Team („Hanging Managers/Redundant Layers“)

Einige dieser organisatorischen Auffälligkeiten können im jeweiligen Fall valide Gründe, wie bspw. das Vorhalten bestimmter Kompetenzen im Unternehmen, haben. Ebenfalls kann es – in Abweichung von der geltenden Lehrbuchmeinung – in Einzelfällen durchaus sinnvoll und praktikabel sein, organisatorische Strukturen quasi „um einzelne Mitarbeiter herum“ zu bauen.

Die Erfahrung zeigt allerdings, dass der Großteil der identifizierten Anomalien bei kritischer Betrachtung nicht ausreichend begründet werden kann und somit zur Disposition steht. Je nach Notwendigkeit und Bereitschaft lassen sich Effizienzpotenziale von durchaus 20 Prozent und mehr freisetzen.

Klassische Top-Down Ansätze sind in Transformations- oder Restrukturierungssituationen limitiert

Gerade in Transformations- oder Restrukturierungssituationen sind Geschwindigkeit in der Analyse in Verbindung mit einem hohen Maß an Konkretheit der Ergebnisse bzw. Maßnahmen unabdingbar.

Klassische Ansätze zur Reduktion von insbesondere Personalkosten starten üblicherweise mit einem ausführlichen Benchmarking, um ein konsensfähiges Abbauziel ableiten zu können. Neben der Tatsache, dass solche Wettbewerbsvergleiche in sehr vielen Bereichen angreifbar sind, wird die Zieldefinition in Sondersituationen weniger im Konsens und „von innen“ bestimmt, sondern häufig durch externe Gegebenheiten und Zwänge definiert. Der Fokus verschiebt sich von der Definition genauer Ziele auf die Identifikation möglichst vieler konkreter und vor allem schnell umsetzbarer Maßnahmen. Top-Down Benchmarks werden in diesem Kontext nach wie vor herangezogen – mit dem Ziel zu justieren, an welchen Stellen im Unternehmen der Fokus für Bottom-up-Analysen und der Definition entsprechender konkreter Maßnahmen liegen sollte.

Zur Sicherstellung der Implementierungsfähigkeit und zur Vermeidung von vielen zeitaufwändigen Abstimmungsschleifen hat sich in der Praxis hier als Best Practice eine Sequenz von gut vorbereiteten Workshops mit den wichtigsten Entscheidern herauskristallisiert. Während dieser interaktiven Workshops werden entsprechende organisatorische Anomalien auf Level einzelner Stellen transparent gemacht und als Ergebnis konkrete Maßnahmen zur Kosteneinsparung definiert.

„Smart Visualisation“ unterstützt interaktive Identifikation von konkreten Effizienzsteigerungspotenzialen

Die Visualisierung der Aufbauorganisation geschieht in überwiegender Form über traditionelle Organisations-Charts mit hierarchischen und teilweise funktionalen Berichtslinien, welche physisch oder in elektronischer Form zur Verfügung gestellt werden. Gleichzeitig werden weiterführende Mitarbeiterdaten (Funktion, Standort, Betriebszugehörigkeit, Bezahlung, etc.) häufig separat in den eingängigen Systemen im Personalbereich gepflegt und als entsprechende Listen vorgehalten. Diese Form der Datenorganisation und -visualisierung führt in vielen Fällen zu Schwierigkeiten, organisatorische Optimierungs- und Kosteneinsparpotenziale effizient zu identifizieren. Zur Vorbereitung und interaktiven Durchführung der entsprechenden Workshops hat sich zur Unterstützung die Nutzung digitaler Tools in der Praxis bewährt, welche folgende Charakteristika aufweisen:

  • Flexibles Manövrieren: Eine dynamische „zoom-in“- und „zoom-out“-Funktion wird benötigt, um eine tiefgreifende, aber zugleich effiziente Analyse der oftmals komplexen Organisationsstrukturen im Rahmen von interaktiven Arbeitssessions zu ermöglichen. Entsprechende automatisierte und sich in Echtzeit ändernde Dashboards sollten die wichtigsten Kennzahlen zeigen – idealerweise sind diese Dashboards ohne großen Aufwand oder Zeitverzug flexibel konfigurierbar und erweiterbar, um die individuellen Fragestellungen abbilden zu können.
  • Verknüpfung von Organigrammen mit Mitarbeiterinformationen: Über flexible Einfärbungen der Organigramme können multiple zusätzliche Analysedimensionen laufend hinzugefügt und visualisiert werden (z.B. Standort, Dienstgrade, Bezahlung, Subfunktionen). Projektteams und Entscheidungsträger können somit effizient für Vor- und Nachbereitung strukturelle Inkonsistenzen und organisatorische Anomalien auf allen Hierarchiestufen entlang multipler Dimensionen identifizieren.
  • Radiale vs. klassische kartesische Organigramme: Informationen, die in klassischen Organisationscharts oft auf mehreren Seiten dargestellt sind, werden bei radialer Darstellung in einer kompakten, kreisförmigen und übersichtlichen Grafik zusammengefasst. Mitarbeiter werden als Punkte statt Kästen dargestellt, auf Namen wird auf der ersten Ebene verzichtet („Mitarbeiter-Punkte“). Somit können mehr als 10.000 Stellen innerhalb eines flexiblen Charts visualisiert und eine schnelle und intuitive Navigation auch innerhalb komplexer Organisationsstrukturen sichergestellt werden. Diese Form der Visualisierung ist für das menschliche Gehirn deutlich einfacher zu verarbeiten, zudem werden Unwuchten bzw. Anomalien intuitiv erfasst und Potenziale entlang multipler Dimensionen identifiziert.

 

Beispiel: Deloitte OrgRadar für die interaktive und smarte Visualisierung von Organisationsstrukturen (Quelle: Deloitte 2020)

 

Digitale Tools ersetzen nicht die Erfahrung bei der Identifikation von konkreten Effizienzsteigerungspotenzialen

Digitale Tools unterstützen die Vorbereitung und interaktive Durchführung von zielgerichteten Workshops – in Bezug auf Flexibilität in der Diskussion, Geschwindigkeit und Granularität der Analyse. Erfolgreiche Projekte, welche gerade in Transformations- oder Restrukturierungs-situationen schnell und pragmatisch signifikante Ergebnisse liefern sollen, müssen zudem durch in Sondersituationen erfahrene Teams vorangetrieben werden. Erfolgsfaktoren sind hier insbesondere:

  • Datenbeschaffung, -sicherheit und -qualität: Zu Beginn des Projekts ist es essentiell, relativ schnell die benötigten Daten zu beschaffen. Neben der engen Zusammenarbeit mit HR und ggf. IT muss in den meisten Fällen zwingend der Betriebsrat einbezogen werden. Für die Datensicherheit und ein passendes Berechtigungskonzept ist auf entsprechend geeigneten Servern Sorge zu tragen. Der Projektbeginn sollte zudem genutzt werden, um mit HR und den Funktionsbereichen die bestehenden Organigramme auf ihre Aktualität hin zu überprüfen.
  • Identifikation von Anomalien: Die Identifikation von Anomalien ist das Herzstück der Analyse. Neben teilautomatisierten Lösungen innerhalb der digitalen Tools und Listen, welche typische Phänomene aus vergangenen Projekten zusammenfassen, kommt es hier vor allem auf den Einsatz erfahrener Teams Diese müssen zum einen die verschiedenen Anomalien intelligent unter Anwendung der Visualisierungssoftware identifizieren, die Anomalien aber auch im Sinne eines Sense-Making im Rahmen der Situation des individuellen Unternehmens und Best Practices aus vergleichbaren Unternehmen reflektieren und bewerten.
  • „Challengen“ in Workshops: Nicht alle Anomalien stellen zwingend Potenziale dar. Nichtsdestotrotz besteht in den meisten Unternehmen eine gewisse „menschliche“ Resistenz gegen Veränderungen. Dementsprechend bedarf es einer besonderen Sensitivität bei der Interpretation von Anomalien in Potenziale und Maßnahmen. Gleichzeitig ist jedoch insbesondere in Sondersituationen ist eine gewisse Konsequenz gefragt.
  • Sicherstellen der Implementierung: Während und vor allem nach den Workshops müssen die identifizierten Potenziale auf ihre Umsetzbarkeit, die genauen Effekte und Gegeneffekte (mit Link zu Gewinn- und Verlust- sowie Cashflow-Rechnung), Interdependenzen mit anderen Abteilungen und die nächsten Schritte hinsichtlich der Implementierung überprüft und weiter detailliert werden. Es sind eindeutige Verantwortlichkeiten und Zeitpläne zu definieren und stetig nachzuhalten.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der skizzierte „bottom-up“-Ansatz auch ohne manuelle, zeitaufwändige Prozessanalysen die notwendige analytische Durchdringung für eine zielgerichtete Organisationsoptimierung erreicht und somit gerade in Sondersituationen zur Identifikation von konkreten Effizienzsteigerungspotenzialen besonders geeignet ist. Data Analytics und smarte Visualisierungen ermöglichen hierbei eine schnelle und zielgerichtete Identifikation von konkreten Effizienzsteigerungspotenzialen. Entscheidender Erfolgsfaktor ist und bleibt aber nach wie vor ein erfahrenes Team, welches die richtigen Schlüsse zieht und die Implementierung der definierten Maßnahmen proaktiv operationalisiert und überwacht.

Autor: Dr. Philipp Kinzler ist Partner im Bereich Restructuring Services bei Deloitte in München. Seit inzwischen 20 Jahren berät er Kunden unterschiedlicher Größe mit Schwerpunkt auf Transformationsprojekten mit leistungswirtschaftlichem Hebel.


Redaktion

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