13.06.2016

Wann Crowdfunding sich rechnet

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Sie sind attraktiv und erfreuen sich immer größerer Beliebtheit: Crowdfunding-Kampagnen bergen aber auch Risiken. Selbst wenn das Finanzierungsziel erreicht wird, scheitert rund jede zehnte Kampagne an der Umsetzung des Projekts. Der an der Goethe-Universität von Prof. Dr. Bernd Skiera, Daniel Blaseg und Steffen Försch entwickelte Crowdfunding-Kalkulator ist ein Tool zur schnellen und unkomplizierten Ermittlung des zu erwartenden Gewinns oder Verlusts und hilft somit angehenden Initiatoren einzuschätzen, ob die geschätzten Annahmen zu einer erfolgreichen und profitablen Crowdfunding-Kampagne führen.

Ein großer Teil von Crowdfunding-Kampagnen scheitert bereits am Erreichen des Finanzierungsziel: Von mehr als 220.000 Kampagnen der Plattform Kickstarter ist bereits für rund 65% aller Kampagnen auf dieser ersten Stufe Schluss. Die Initiatoren erhalten kein Geld und müssen die vorab entstandenen Kosten, wie beispielsweise für die Videoproduktion, selbst tragen. Verluste von mehreren tausend € sind die Folge. Aber selbst wenn das Finanzierungsziel erreicht wird, scheitert rund jede zehnte Kampagne an der Umsetzung des Projekts. Prominente Beispiele wie „Coolest Cooler“ (11,4 Mio. € von 62.642 Unterstützern) oder „Zano“ (2,9 Mio. € von 12.075 Unterstützern) haben es geschafft Millionen zu akquirieren, sind aber nicht in der Lage ohne zusätzliche Finanzierung das Projekt umzusetzen.

Geringe Gewinne oder sogar Verluste durch Fehlkalkulationen sind keine Seltenheit

Leider sind solche Fehlkalkulationen keine Seltenheit. Unterstützer bleiben enttäuscht zurück und Initiatoren klagen über geringe Gewinne oder gar Verluste, da die Kosten der Kampagne vorher falsch kalkuliert wurden. Den resultierenden Gewinn oder Verlust einer Crowdfunding-Kampagne mittels einer fundierten Kalkulation zu berechnen ist nicht so einfach wie es auf den ersten Blick scheint, jedoch unumgänglich, um böse Überraschungen zu vermeiden. Beispielsweise werden Wahrscheinlichkeiten für das Erreichen von Zwischenschritten meist massiv überschätzt und der Fall, dass das Finanzierungsziel nicht erreicht wird völlig außer Acht gelassen. Manche Kosten wie für die Videoproduktion fallen bereits vor dem Start der Kampagne an, andere nur unter der Bedingung, dass bestimmte Zwischenschritte erreicht werden. Auch das Vernachlässigen versteckter Kosten wie für Retouren kann einen wesentlichen Einfluss auf die Profitabilität haben.

Ein online-basiertes Entscheidungsmodell berechnet, ob sich eine Crowdfunding-Kampagne lohnt

Hier setzt der an der Goethe-Universität entwickelte Crowdfunding-Kalkulator an. Um vor dem Start einer geplanten Kampagne bereits eine Vorstellung vom erwarteten Gewinn oder Verlust zu erhalten, wurde ein online-basiertes Entscheidungsmodell entwickelt, welches kostenlos und einfach berechnet, ob und wann sich eine Crowdfunding-Kampagne lohnt. Nach Eingabe einiger Daten erfährt der Initiator sofort, ob die Kalkulation für die Crowdfunding-Kampagne profitabel sein wird. Der Crowdfunding-Kalkulator bezieht sich hierbei auf die am weitesten verbreitete Art des „Reward-Based Crowdfundings“. Dies stellt im weiteren Sinne nichts anderes als einen Vorverkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung dar. Initiatoren stellen ihre Ideen in Form einer Kampagne auf einer Crowdfunding-Plattform vor und bieten möglichen Unterstützern im Gegenzug für ihre finanzielle Beteiligung verschiedene Belohnungen an. Dies kann sowohl ein Produkt, aber auch immaterielle Belohnungen wie eine persönliche Videobotschaft umfassen. Üblicherweise gilt hierbei das Alles-oder-nichts-Prinzip: Erst wenn sich genügend Unterstützer finden und das Finanzierungsziel, welches vom Initiator im Vorfeld festgelegt wird, erreicht oder überschritten ist, wird das Geld ausgezahlt. Wird weniger als das Finanzierungsziel gesammelt erhält jeder Unterstützer sein Geld zurück.

Die Unterstützer tragen hierbei oft ein großes Risiko, da neben einem Video nur teilweise ein Prototyp existiert und es keine Garantie auf eine erfolgreiche Produktion gibt. Im Falle eines solchen Scheiterns sind die Initiatoren aber meist verpflichtet alle Beiträge zu erstatten. Der Crowdfunding-Kalkulator ist ein umfängliches und kostenloses Tool zur schnellen und unkomplizierten Ermittlung des zu erwartenden Gewinns oder Verlusts und hilft somit angehenden Initiatoren einzuschätzen, ob die geschätzten Annahmen zu einer nicht nur erfolgreichen, sondern auch profitablen Crowdfunding-Kampagne führen.

Daten von rund 200.000 realisierten Crowdfunding-Kampagnen ermöglichen eine Kalkulation

Der Crowdfunding-Kalkulator beruht auf wissenschaftlich fundierten Berechnungsmodellen und bietet eine Vielzahl an Optionen zur Erfassung von offensichtlichen Kosten wie für Produktion und Versand, aber auch versteckten Kosten wie für Zahlungsdienstleister oder Retouren. Eine weitere Besonderheit des Tools umfasst die Möglichkeit Wahrscheinlichkeiten für das Erreichen bestimmter Zwischenschritte wie dem Überschreiten der Finanzierungsschwelle oder dem erfolgreichen Abschluss der Produktion mit in die Berechnungen einzubeziehen, um so die Risiken des Scheiterns und daraus resultierenden Kosten angemessen zu berücksichtigen. Zusätzlich werden Daten von rund 200.000 bereits realisierten Crowdfunding-Kampagnen bereitgestellt und so ein Vergleich der eigenen Kalkulation mit den Resultaten vergangener Kampagnen ermöglicht.

Den Crowdfunding-Kalkulator der Goethe-Universität Frankfurt finden Sie hier.

(Pressemitteilung Goethe-Universität Frankfurt vom 10.06.2016)


Redaktion

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